Offener Brief an den Berliner Senat und die Mitglieder des Abgeordnetenhauses:
Sehr geehrte Damen und Herren,
viele setzen sich bereits für eine Anerkennung des Homesharings ein – und auch ich unterstütze dies.
Das Argument zur Verteidigung vom Homesharing kennen Sie gut – Homesharing hilft Mietern und Eigentümern, Zusatzeinkommen zu verdienen, wenn sie die eigene Wohnung nicht selber benötigen. Hier wird auch gar kein Wohnraum entfremdet, insofern hätte das Berliner Zweckentfremdungsverbot gar niemals das Homesharing beeinträchtigen sollen.
Doch es geht mir nicht nur ums Homesharing. Das Zweckentfremdungsverbot allgemein ist ein unfaires, ineffektives Gesetz. Es ist auch unverhältnismäßig und schädlich, und sollte daher umgehend aufgehoben werden, aus folgenden Gründen:
- Das Zweckentfremdungsverbot schadet dem Tourismus – Ferienwohnungen stellen eine günstige Alternative zu Hotels dar, und erlauben zahlreichen Familien, sich eine Reise nach Berlin überhaupt leisten zu können.
- Ferienwohnungen helfen der lokalen Wirtschaft, insbesondere in Stadtteilen, wo sonst weniger Touristen unterkommen würden. Somit helfen Ferienwohnungen zahlreichen lokalen Restaurants, Cafés, Bars, und kleinen Läden.
- Die Hauptprofiteure vom Zweckentfremdungsverbot sind nicht die Wohnungssuchenden, sondern die Hotel Lobby. Denn mit dem Zweckentfremdungsverbot bringen Sie höchstens wieder 25.000 Wohnungen zurück auf dem Markt. Dies ist die Anzahl Neuwohnungen, welche Berlin pro Jahr braucht. Sie lösen mit dem Gesetz also auf keinen Fall das Problem der Wohnungsknappheit.
- Sie verschwenden Steuergelder, indem Sie neues Personal einstellen, die sich mit der Zweckentfremdung auseinandersetzen sollen. Diese sind meiner Erfahrung nach oft unqualifiziert und unzureichend ausgebildet. Investieren Sie diese Steuergelder lieber in den Wohnungsbau.
- Sie fördern eine Kultur des Neids. Einen Nachbarn anzuzeigen wegen Verdacht auf Zweckentfremdung des Wohnraums bringt das Schlimmste im Menschen hervor und ist nicht nur Gift für die Beziehung zwischen Nachbarn, sondern auch das Fördern der Kleinlichkeit und Feigheit, anstatt einer Kultur der Offenheit und Toleranz. Dies ist sicherlich nicht mit dem Bild der Stadt zu vereinbaren, mit welchem Sie in der Welt auftreten wollen.
- Sie verstoßen gegen fundamentale Freiheiten wie das Eigentumsrecht der Bürger sowie das europäische Grundrecht auf freie Geschäftsausübung. Außerdem missachten Sie die EU-Dienstleistungs-Richtlinie von 2006 und greifen unverhältnismäßig in den freien Binnenmarkt ein. Das Zweckentfremdungsverbot wird nicht nur ineffektiv sein, es wird auch zu zahlreichen Klagen über viele Jahre führen, und schlussendlich ist es höchstwahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis das Berliner Zweckentfremdungsverbot von einem höheren Gericht – auf Bundes- oder EU-Ebene – gekippt wird. Ihnen drohen unzählige Schadenersatzforderungen.
Fazit: es ist nicht zu spät, Ihre Wohnungspolitik umzuorientieren auf eine sinnvolles Programm, welches endlich genügend Wohnungsbau fördert, statt – langfristig erfolglos – in die Marktmechanismen einzugreifen. Ihre aktuelle Politik wird den Wohnungsmangel nur verschlimmern – und Mieten werden weiterhin steigen, wenn nicht im offiziellen Mietspiegel, dann sicherlich in dem von Ihnen unbewusst geförderten Schwarzmarkt.
Mit freundlichen Grüßen,
Stephan Gasteyger