Die Debatte um den Mietspiegel

    Die Debatte um den Mietspiegel

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    Eine ungewöhnliche Entscheidung eines Charlottenburger Amtsrichter lenkte das Interesse auf die Marktsituation besonders des Berliner Wohnungsmarktes. Der Richter befand in einem Streit um eine Mieterhöhung, dass der Mietspiegel nicht als Argument herangezogen werden könne, da er nicht auf wissenschaftlichem Weg zustande gekommen sei. Jedoch ist dies ein vereinzeltes Urteil, und ob das Landgericht es in der Berufung bestätigt, wird abzuwarten sein.

    Mietspiegel werden in Städten und Gemeinden erstellt, um die ortsübliche Vergleichsmiete nachweisen zu können, aufgrund derer Mietpreiserhöhungen berechenbar sind. Dazu gibt es unterschiedliche Verfahren, bei denen allerdings durch komplexe Regelungen längst nicht alle Wohnungen und Mietpreise mit einbezogen werden. Schon aus diesem Grund werden die bestehenden Mietspiegel oft eher skeptisch betrachtet. Sie werden in Gerichtsverfahren bislang als Parteigutachten gewertet und unterliegen damit auch der freien Würdigung durch den Richter. Trotz der Beteiligung der öffentlichen Hand an der Erstellung gelten sie nicht als Verwaltungsvorschrift oder Verwaltungsakt, sind also nicht isoliert über ein Verwaltungsgerichtsverfahren angreifbar.

    Solange es sich nicht um einen sogenannten qualifizierten Mietspiegel handelt, konnte bislang auch der Vermieter sich auf drei Vergleichsobjekte beziehen, was bisweilen sehr viel günstiger und einfacher war.

    In Berlin erfolgte die ungewöhnliche Gerichtsentscheidung kurz vor der Verabschiedung eines neuen Mietspiegels, der nach Senatsangaben durchaus auf wissenschaftlicher Grundlage erstellt worden sein soll und mit Sicherheit als qualifizierter Mietspiegel anzusehen sein wird. Ob er damit aussagekräftiger ist?  Denn auch hier stellt sich wieder die Frage, welche Daten zugrundegelegt wurden und zugrundegelegt werden konnten. Wie vieles in Deutschland werden auch Wohnraumpreise nicht öffentlich gehandelt, vielmehr gibt es genügend Vermieter und Mieter, die sie eher als Geheimsache betrachten. Eine Prinzipienfrage, die hier verhindert, dass tatsächlich klar wird, ob bestimmte Wohnungen zu billig oder überteuert auf dem Markt angeboten werden. Ob sich das in absehbarer Zukunft ändert?

    Neu wird, jedenfalls in Berlin und einigen anderen Städten und Regionen im Bundesgebiet, wo Wohungen ein knappes und teueres Gut sind, ab 1. Juni die Mietpreisbremse sein. Bisher konnte, trotz aller Regelungen für mögliche oder unmögliche Mieterhöhungen bei bestehenden Mietverträgen, der Vermieter den Preis bei der Neuvermietung relativ frei festsetzen – was dann bisweilen zu recht erheblichen Steigerungen führte, wenn zum Beispiel der Vormieter längere Zeit in der Wohnung gewohnt hatte und der Vermieter seine Möglichkeiten zur Mieterhöhung nicht unbedingt voll ausgeschöpft hatte oder hatte ausschöpfen können.

    Im März verabschiedete der Bundestag eine neue Regelung, dass in Gebieten mit angespannter Wohnraumlage, die als solche festgelegt werden, die Miete beim Abschluss eines neuen Mietvertrages nicht mehr als 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Davon ausgenommen sind Wohnungen, die nach Oktober 2014 fertiggestellt wurden und „umfassend renovierte Wohnungen“, sprich solche, wo die Umbau- und Erneuerungsmaßnahmen ca. einem  Drittel eines Neubaus entsprechen. Dies ist eine wesentliche Einschränkung für Vermieter und wird davon unterstützt, dass der neue Mieter nunmehr Anspruch auf Auskunft über die vorherige Miete hat.

    Damit aber sind wir wieder bei den qualifizierten Mietspiegeln, die in Zukunft dann nicht nur für Mieterhöhungen, sondern auch in Gebieten, bei denen die sogenannte „angespannte Wohnraumlage“ festgestellt wurde, für Neuvermietungen relevant werden. Ob die bestehenden Mietspiegel, die besonders in den betroffenen Städten und Gemeinden im Internet zur Verfügung gestellt werden sollen, den Anforderungen rechtsstaatlicher Klarheit und Vergleichbarkeit entsprechen, wird sicher noch Gegenstand zahlreicher Gerichtsverfahren sein. Grundlage dafür ist, dass das Grundgesetz Eigentum schützt, und damit eigentlich auch die Einnahmen aus Vermietung. Hier stellt die Politik darauf ab, dass das immer ausgefeiltere und restriktivere Mietrecht Ausfluss der Sozialbindung des Eigentums sei, zumal es sich bei Wohnraum um ein Grundbedürfnis handele und dieser auch nicht beliebig vermehrbar ist. Wo aber die Grenzen nach oben und unten liegen, haben oft Richter entschieden, zum Leidwesen vieler Vermieter in nicht selten mieterfreundlicher Rechtsprechung, vor allem seit dem Inkrafttreten des AGB-Gesetzes. Eine Umkehr dieser Tendenz ist derzeit eher nicht in Sicht, was möglicherweise auch mit der deutschen Besonderheit zu tun hat, dass ein höherer Prozentsatz an Personen und Familien kein Eigentum erwerben können oder wollen. Damit bilden die Mieter eine vergleichsweise große und nicht wenig einflussreiche Gruppe, denen die Eigentümer zwar ihre wirtschaftliche Macht entgegensetzen können, aber aus dem Blickwinkel der Politik eben die kleinere Anzahl an Wählern stellen

    2 COMMENTS

    1. Ein toller und lesenswerter Artikel über Mietspiegel und Mietpreisbremse.
      Da ich selber blogge, freue ich mich immer, wenn andere auch über die Themen schreiben und es ist interessant die verschiedenen Sichtweisen zu sehen. Ich werde dem Blog hier auf jede Fall folgen!

      Liebe Grüße,
      Isa

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